Kaum ein Material kann so viele Geschichten erzählen wie Leder. In der Steinzeit ebenso wie im alten Rom wurde bereits Leder verarbeitet und verwendet. Später wurde es dann von Cowboys und Heavy-Metal-Anhänger*innen getragen. Mittlerweile findet sich Leder fast überall wieder: In Kleidung, in Schuhen, in Taschen, in Möbeln. Leder verbinden die meisten mit Tierhaut, doch auch in diesem Bereich wird zum Tier- und Umweltschutz von immer mehr Herstellern auf pflanzliches bzw. nachhaltiges Leder zurückgegriffen. Hier ist aber Vorsicht geboten!
Leder ist in vielerlei Hinsicht einzigartig. Es hat eine unvergleichliche Haptik, olfaktorisch ist es etwas ganz Besonderes und auf der Haut fühlt es sich einfach gut an.
Dennoch haben Leder und seine Herstellung einen faden Beigeschmack. Immerhin wird klassisches Leder aus Tieren hergestellt und ist daher nicht frei von Gewalt. Immer häufiger wird daher den Tieren und der Umwelt zuliebe auf veganes oder zumindest nachhaltiges Tierleder gesetzt.
Schattenseiten der Lederherstellung
Lederherstellung ist längst nicht so stilvoll wie das Endprodukt. Meist wird Leder in Fabriken in Billiglohn-Ländern produziert, zur Gerbung werden schädliche Chemikalien verwendet und Tierschutz ist nicht von vorrangigem Interesse für die Hersteller.
Meist wird Leder als Abfallprodukt der Schlachtindustrie verarbeitet und kann somit als Verwertung aller Bestandteile des Tieres gesehen werden. Dennoch kommt es aufgrund der billigen Herstellung und der hohen Nachfrage immer öfter dazu, dass Tiere explizit für die Lederherstellung gehalten und getötet werden. Die Haltung solcher Nutztiere lässt bekanntermaßen meist sehr zu wünschen übrig.
Dies trifft auch auf die Lage der Arbeiter*innen in den Produktionsländern zu: Diese sehen sich, wie so oft in der billigen Massenherstellung, mit unzumutbaren Arbeitsbedingungen konfrontiert. Der Gerbungsprozess ist eine durch und durch bedrohliche Angelegenheit für die Arbeiter*innen. Die schädlichen Chemikalien der Lederherstellung gelangen nicht selten ins Wasser und schädigen somit alle, die damit in Berührung kommen. Diese giftigen Stoffe sind oft auch im Endprodukt noch enthalten und stellen somit für die Käufer*innen eine nicht zu unterschätzende Gesundheitsgefährdung dar.
Lieber auf nachhaltiges Leder setzen
Das Bewusstsein über diese Missstände veranlasst immer mehr Konsument*innen dazu, nur mehr Leder aus nachhaltiger Herstellung zu kaufen.
Betriebe, die solches Leder herstellen, müssen sich an diverse Richtlinien halten. In diesen wird festgehalten, dass Hersteller ihr Leder nur als Naturleder bezeichnen dürfen, wenn sie beispielsweise faire und sichere Bedingungen für ihre Arbeiter*innen schaffen, sie Leder nur als Abfallprodukt der Fleischherstellung weiterverarbeiten und dieses nicht mit schädlichen Chemikalien gerben lassen.
Einige Betriebe im deutschsprachigen Raum sind bereits auf den Verkauf von nachhaltigem Leder spezialisiert. Dort stammt das verarbeitete Leder nur von Tieren, die eine artgerechte Haltung genossen haben und nicht explizit für die Lederherstellung, sondern für die Fleischgewinnung geschlachtet wurden. Produkte wie Sandalen aus Bio-Leder, Taschen aus ebendiesem Material etc. sind das täglich Brot dieser Hersteller.
Pflanzlich hergestelltes Leder ist auf dem Vormarsch
Einen Schritt weiter gehen Hersteller und Händler von pflanzlichem Leder. Auf tierisches Material wird dabei komplett verzichtet. Daher ist der Begriff Leder nicht mehr ganz zutreffend – beschreibt dieser doch eigentlich die Haut bzw. das Fell von Tieren.
Veganes Leder, wie das pflanzliche Produkt auch genannt wird, wird aus verschiedenen Pflanzen und sogar Pilzen hergestellt.
Ananas-Leder
Ein spanisches Label hat sich beispielsweise auf Leder aus Ananas-Blättern spezialisiert. In die Produktion werden Ananas-Bauern von den Philippinen miteinbezogen, die dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle erhalten. Die Blätter wären normalerweise Abfall, bekommen aber durch dieses Projekt eine neue Verwendung. Für sie muss auch keine zusätzliche Anbaufläche geschaffen werden, da sie ohnehin Teil der Ananas-Produktion sind.
Leder aus Pilzen
Ein Startup aus San Francisco hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lederimitat aus Myzel (Wurzelfaser des Pilzes) herzustellen. Dieses wird mit Sägespänen und anderem organischen Material gemischt. Aus dieser Mixtur entsteht nach einer gewissen Zeit eine Schicht, die geformt werden kann.
Kork-Leder
Ja, es gibt tatsächlich Lederimitat aus Kork. Dieser Stoff wird aus der Rinde von Eichen gewonnen. Diese wächst immer wieder nach, weshalb sie einen nachhaltigen und beständigen Rohstoff darstellt. Ein Label hat sich auf die Produktion von Kork-Leder spezialisiert und färbt den Kork dafür schwarz ein. Die unter anderem daraus entstehenden Jacken sehen aus wie echtes Leder. Genial!
Vorsicht beim Kauf
Nur, weil auf einem Lederprodukt vegan steht, ist das noch lange keine Garantie dafür, dass auch vegan drinnen steckt. Insbesondere, wenn „veganes Leder“ zu einem auffällig niedrigen Preis verkauft wird, sollten die Alarmglocken schrillen. Die hochwertigen Rohstoffe und die nachhaltige Herstellung haben ihren Preis, garantieren dafür aber einwandfreie Qualität und Wiederverwertbarkeit.
Oft steckt bei solchen Schummelprodukten mit dem Prädikat vegan zwar tierfreie, aber keineswegs vegane Herstellung dahinter. Diese Produkte werden aus Kunststoffen hergestellt, die gar nicht umweltschonend sind. Ganz im Gegenteil: Kunststoffe werden aus Erdöl gewonnen, welches bekanntermaßen einer der größten Umweltsünder überhaupt ist. Es verschmutzt die Weltmeere und schadet unserem Ökosystem allgemein und nachhaltig.
Vorsicht ist auch bei Ledersorten wie „Rhabarberleder“ geboten. Hier wird zwar im Herstellungsprozess mit Rhabarber gearbeitet, dieser ist aber keineswegs Hauptbestandteil des Leders. Tatsächlich handelt es sich hierbei um tierisches Leder, welches lediglich mit Rhabarber anstatt einer schädlichen Chemikalie gegerbt wird. Von vegan ist hier also weit und breit keine Spur.
Wenn Leder, dann nachhaltiges
Wir alle sind von Klimawandel und Umweltverschmutzung betroffen – wenn auch vielleicht noch nicht drastisch spürbar. Daher ist es umso wichtiger, jetzt umzudenken und sich auf Produkte und Lebensmittel einzulassen, die von nachhaltiger Herstellung und Wiederverwertbarkeit zeugen. Statt ein billiges Plastikteil nach dem anderen zu kaufen, sollte man sich lieber darauf besinnen, gut ausgewählte und qualitativ hochwertige Kleidungsstücke aus Naturfasern zu kaufen, die dann auch länger halten. Das gilt auch für Produkte aus Leder. Nachhaltigem Leder.
Trends muss man teilen...
Kommentare
Von veganem Leder habe ich noch nie gehört. Ist aber sehr interessant, da werde ich mal drauf achten
Ich persönlich brauche keine Leder Handtasche oder Jacken, Autositze oder sonstige Kleidung aus Leder.
Meine Erfahrung zeigt aber das Gürtel und Geldbeutel z. B. aus Leder Jahrzehnte halten im Gegenzug zu Alternativen.
Dann finde ich das schon umweltfreundlicher und nachhaltiger.
Da muss man wohl nach eigenen Prioritäten entscheiden
Leder ist in meinen Augen sehr viel umweltfreundlicher gewesen als andere Materialen, da es einfach lange hält und ein Abfallprodukt der Fleischindustrie ist, soweit war mein Stand. Von veganem Leder habe ich durch die Box zum erstenmal erfahren. Eine wirklich gute Alternative. Das Leder aber aufgrund der hohen Nachfrage und der Herstellung nun nicht unbedingt immer die beste Wahl ist war miir gar nicht bewußt. Hier werde ich in Zukunft mehr drauf achten.
Ich versuche Leder so gut es geht zu vermeiden; klappt ganz gut, aber leider noch nicht immer… die Ananas udn Pilzvarante finde ich spannend…
Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mir das letzte Mal ein Produkt aus Leder (sei es Kunstleder oder Echtleder) gekauft habe…
So auf Anhieb fällt mir direkt erst mal nix ein.
Für mich als Veganerin auch nur pflanzliches Material, aber da schaue ich schon auf die Qualität und kaufe keine Billigprodukte.
Ich bevorzuge auch veganes Leder, Second Hanf geht aber auch tierisches. Wenn schon Leder, dann lange verwenden…
Was mich an dem Text etwas irritiert hat: seit wann bedeutet vegan, denn auch umweltfreundlich?
Zitat:
“Oft steckt bei solchen Schummelprodukten mit dem Prädikat vegan zwar tierfreie, aber keineswegs vegane Herstellung dahinter. Diese Produkte werden aus Kunststoffen hergestellt, die gar nicht umweltschonend sind.“
Ich meine, klar sollte man auch auf die Umweltaspekte achten, keine Frage, aber trotzdem ist das doch kein Aspekt von veganer Herstellung, oder verstehe ich da was falsch? Vielleicht kann mich ja jemand aufklären…
Ich bin Vegetarier, deshalb bevorzuge ich natürlich auch veganes Leder. Ist es allerdings ein Abfallprodukt aus der Schlachtung ist es für mich auch noch okay. Wenn schon ein Tier sterben muss, sollte man da auch wirklich alles davon nutzen. Das Tiere aber nur wegen der Haut oder auch Fell sterben müssen, ist dagegen ein absolutes Nogo.